04.02.10

Professor Dr. Joerg Hasford, München: Optimale Krebstherapie – bis ins hohe Alter?

Professor Dr. Joerg Hasford

Professor Dr. Joerg Hasford

Krebserkrankungen treten oft erst im höheren Lebensalter auf. Nicht selten hört man in diesem Zusammenhang die Ansicht, bei Senioren sei eine effektive Behandlung kaum mehr möglich, weil sie für den älteren Organismus zu aggressiv sei. Was von solchen Behauptungen zu halten ist, erläutert Professor Dr. Joerg Hasford aus München in einem Interview.

Herr Professor Hasford, können auch ältere und alte Menschen im Falle einer Krebserkrankung effektiv behandelt werden?
Es gibt keine Berechtigung dafür, älteren Menschen pauschal die wirksamste medikamentöse Krebsbehandlung vorzuenthalten. Denn anders als häufig behauptet, kommt es bei ihnen nicht grundsätzlich zu mehr Nebenwirkungen bei der Behandlung. Ob gravierende Nebenwirkungen auftreten oder nicht, hängt nämlich nicht primär vom Alter des Patienten ab, sondern von seiner gesamten gesundheitlichen Situation.

Spielt das Alter denn keine Rolle?
Eine klare Altersgrenze für eine bestimmte Arzneimitteltherapie gibt es definitiv nicht. Man muss sich vor Augen halten, dass ältere Menschen noch eine beachtliche Lebenserwartung haben, die aber oftmals unterschätzt wird. Wer 70 Jahre alt geworden und körperlich fit ist, hat als Mann noch eine durchschnittliche Lebenserwartung von rund 13 Jahren und als Frau sogar von rund 16 Jahren. Es ist doch wohl selbstverständlich, dass diese Menschen einen Anspruch auf eine optimale Behandlung entsprechend dem Stand des medizinischen Wissens haben, wenn sie an Krebs erkranken.

Was bedeutet das für die Krebstherapie bei älteren Menschen?
Es gibt kaum Hinweise darauf, dass eine medikamentöse Krebstherapie im Alter weniger wirksam wäre als bei jungen Patienten. Das gilt insbesondere nicht für die moderne zielgerichtete Therapie, die bei vielen Krebserkrankungen einen nachhaltigen Fortschritt erbracht hat. Die modernen Strategien sind zudem in aller Regel besser verträglich als die herkömmliche Chemotherapie und für die Patienten weniger belastend. Denn es wird ja zunehmend öfter nicht mit Substanzen behandelt, die praktisch als Zellgift auf Tumorzellen und gesunde Zellen gleichzeitig wirken. Vielmehr werden bei der Behandlung bevorzugt Medikamente eingesetzt, die den Tumor gezielt angreifen, zum Beispiel indem sie  die Informationsübertragung in den Krebszellen hemmen und dadurch krankhafte Wachstumssignale unterbinden und so den Tumor am weiteren Wachstum hindern. Diese Behandlungsvorteile sollten älteren Menschen auf keinen Fall verwehrt werden.

Inwiefern muss dennoch auf das Alter der Patienten Rücksicht genommen werden?
Wir wissen, dass ältere Menschen weniger gut neue Blutzellen bilden können als jüngere. Ein zweites Problem kann die im Alter häufig eingeschränkte Nierenfunktion darstellen, die eventuell eine Reduktion der Dosierung von Medikamenten erfordert. Wichtig ist deshalb, dass die Krebsbehandlung jeweils der individuellen Situation angepasst wird. Das biologische Alter des Patienten spielt dabei eher eine untergeordnete Rolle. Viel bedeutsamer ist es, die Dosierung der Medikamente an das individuelle Körpergewicht und die Nierenfunktion des Patienten anzupassen.

Was können Patienten tun, wenn sie Zweifel hinsichtlich ihrer Behandlung haben?
Im Zweifelsfall kann es ratsam sein, sich bei Selbsthilfegruppen hinsichtlich der aktuellen Therapieverfahren kundig zu machen. Bei den Selbsthilfegruppen kann man sich mit ebenfalls Betroffenen austauschen und auch informieren, wo es Ärzte gibt, die auf die Behandlung des jeweiligen Tumors spezialisiert sind und dann bei diesen gegebenenfalls eine Zweitmeinung einholen. Ich rate außerdem generell Patienten dazu, sich über ihre Erkrankung und deren Behandlung gut zu informieren und anstehende Fragen und auch Zweifel im Gespräch mit dem Arzt offen und selbstbewusst anzusprechen.

Herr Professor Hasford, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.

 

Bestens versorgt

sind Krebspatienten in zertifizierten Behandlungszentren.

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